Edirom-Summer-School Musikwissenschaftliches Seminar Detmold/Paderborn – Hornsche Str. 39 – 32756 Detmold | info@edirom.de

ViFE – Virtueller Forschungsverbund Edirom

Starke Beiträge bei der Music Encoding Conference 2025

Bei der diesjährigen Music Encoding Conference vom 3. bis 6. Juni in London war der ViFE mit einigen Beiträgen präsent. Darunter war auch das von Salome Obert, Agnes Seipelt, Alessandra Paciotti, Cecilia Raunisi und Lisa Rosendahl eingereichte Panel Sketching genetic editions: Challenges and Opportunities. Mit diesem Beitrag wurde nicht nur ein besonderes Augenmerk auf die in der Musikwissenschaft noch junge Disziplin der genetischen Textkritik in Verbindung mit digitaler Edition gelegt, was in dieser Verquickung auch von Beethovens Werkstatt erforscht wird, sondern auch intensive Einblicke in vier Dissertationsprojekte gegeben, die derzeit innerhalb bzw. in Kooperation mit dem ViFE entstehen.

Pitches und Diskussion

Ausgangspunkt des Panels waren Impulsvorträge der Teilnehmerinnen, in denen unterschiedliche Fallbeispiele zu Komponisten des 19. Jahrhunderts vorgestellt wurden: verschiedene Manuskripte zu Ludwig van Beethovens Bagatelle op. 126, Nr. 6 (Agnes Seipelt), Skizzenmaterial von Johannes Brahms’ Vier Ernste Gesänge op. 121, Nr. 4 (Cecilia Raunisi), Franz Liszts Arbeitsmanuskript zu seiner Sonate in h-Moll, S.178 (Alessandra Paciotti) sowie die Entwürfe zu Carl Maria von Webers Opernfragment Die drei Pintos (Salome Obert). Während dieser Pitches wurden insbesondere die jeweiligen Quellensituationen erläutert, verschiedene Aspekte zur Modellierung in MEI erörtert und schließlich Leitfragen herausgearbeitet, die die Herausforderungen in der Erfoschung der unterschiedlichen Kompositionsprozesse illustrierten. Die Leitfragen wurden unter der Moderation von Lisa Rosendahl zunächst auf dem Podium diskutiert und anschließend wurde das Publikum in das Gespräch einbezogen. Dabei war es weder Ergebnis noch erklärtes Ziel der Runde eine restlose Klärung der Fragen herbeizuführen, sondern vielmehr Forschungsdesiderate aufzuzeigen und sich über Lösungsansätze auszutauschen. Denn trotz der Unterschiede zwischen den Fallstudien wurden auch viele Gemeinsamkeiten entdeckt, für die dieser tiefe Einblick mehr als lohnenswert war.

Genetic Panel Alessandra Paciotti erläutert verschiedene Manuskripte zu Liszts h-Moll Sonate.

Empowerment in der Wissenschaft

Die Einreichung steckte demnach schon aus inhaltlicher Sicht voller Innovationspotenzial. Darüber hinaus war sie mit fünf Nachwuchswissenschaftlerinnen rein weiblich besetzt und versteht sich damit auch als starker Beitrag zu Empowerment und Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft bzw. in den Digital Humanities (siehe auch https://empowerdh.github.io/). Bei einer Konferenz, die – trotz stetiger Bemühungen um einen steigenden Frauenanteil seitens der Program Committees der letzten Jahre – doch überwiegend von Männern bespielt wird, ist das Sichtbarmachen von Frauen umso wichtiger. Hieran können und sollten auch Männer mitwirken, um Frauen als eigenständige Forschungspersönlichkeiten zu stärken und ihre Forschungsleistungen wertzuschätzen. Dies erfordert insbesondere das Engagement von Forschern, die den Höhepunkt ihrer Karriere bereits erreicht haben und in Forschungscommunities entsprechend viel Anerkennung haben. Im akademischen Kontext geht diese Anerkennung auch stets mit Macht einher. Es wäre daher wünschenswert, wenn sich durch das Engagement etablierter Forscher positive Effekte ergeben und mehr Frauen bei der Einreichung zu Beiträgen verschiedener Art unterstützt werden. Nicht zuletzt sollten sich Forscherinnen aller Karrierestufen auch gegenseitig ermutigen, ihre Arbeit in der Community vorzustellen. Denn unabhängig vom Stadium, in welchem sich diese Forschung befindet, leistet sie auch immer einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Forschungsgemeinschaft, in der sie verortet ist. Im Idealfall wird damit nicht nur die Sichtbarkeit von Frauen innerhalb einer bestimmten Community gestärkt, sondern allgemein in der Forschungslandschaft.